Sensationell: Clemens Bracher gewinnt Weltcup-Rennen im 2er-Bob
09.12.2017Sensationeller Weltcup-Sieg für Clemens Bracher in seinem erst zweiten Weltcuprennen
Die Sensation ist perfekt: Clemens Bracher aus Wasen fährt in Winterberg im Zweierbob zu seinem ersten Weltcup-Sieg. Und dies gleich im ersten Weltcup-Rennen der Saison.
Clemens Bracher, jetzt sind Sie nach einer Nachtfahrt in Innsbruck am Material ausladen und vorbereiten für das nächste Rennen. Haben Sie mittlerweile ihren Sieg realisiert?
Ich dachte zuerst es sei ein Traum. Am Morgen vor dem Rennen hatte ich ein gutes Gefühl und unsere Trainigszeiten stimmten mich zuversichtlich. Einen Platz unter den Top Acht hätte ich sicherlich unterschrieben, den Sieg habe ich aber nicht erwartet. Jetzt habe ich Freude und gehe mit einem besseren Gefühl in die nächsten Rennen.
Setzt Sie dieser Sieg unter Druck für das Rennen in Innsbruck?
Nein, nein, da halte ich den Ball schön flach. Es würde nichts bringen mir noch zusätzlich Stress zu machen. Die Strecke in Innsbruck liegt mir aber gut. Ich mag Strecken, die oben eher flach, also langsam sind und dementsprechend einen guten Start verlangen. Weiter unten hat es dann ein paar knifflige Passagen, die etwas Feingefühl in der Lenkung verlangen – genau das, was ich mag.
Der Start, sagt man, ist für Bobfahrer das A und O.
Absolut. Hier legten wir den Grundstein für unseren Erfolg. Angefangen hat die Arbeit dafür aber schon im Sommer. Wir hatten ein sehr gutes Sommertraining, konnten uns physich weiterentwickeln und als Team zusammenwachsen. Und dann ist da natürlich auch die Super-Harmonie zwischen meinem Anschieber, Michael Kuonen und mir.
Dank der Harmonie, der schnellen Startzeit und dem feinen Lenken siegten Sie im Zweierbob. Was hat denn beim Vierer nicht funktioniert?
Alles was beim Zweier gepasst hat, war im Vierer gar nicht stimmig. Mir ist in die Umstellung vom kleinen zum grossen Schlitten nicht gelungen. Aber so ist das nun mal. Jetzt bereiten wir uns und unser Material für das Rennen in Innsbruck vor und versuchen auch im Vierer vorne mitfahren zu können.
Bericht aus der WZ vom 17.12.17)
Bericht BZ vom 11. Dez.
Emmentaler Bob-Sieger: «Die Geschichte ist ziemlich verrück
Erstes Zweier-Weltcuprennen, erster Sieg: Clemens Bracher (30) gelingt in Winterberg mit Anschieber Michael Kuonen der Durchbruch. Der Emmentaler Pilot hätte sich den Erfolg nicht zugetraut.
Interview aus der BZ vom 10.12.2017
Ein TV-Reporter bezeichnete Ihren Sieg als grösste Sensation in dieser Saison – über alle Wintersportarten hinweg betrachtet. Wie stufen Sie den Erfolg ein?
Clemens Bracher: Diese Aussage ist kein Skandal, man kann das schon so sehen (lacht). Ich wusste aber, dass ich etwas «auf dem Kasten» habe. Mit Platz 5 wäre ich natürlich auch zufrieden gewesen.
Von deutschen Gegnern war zu hören, dass einige gar nicht gewusst hatten, wer Sie sind. Hand aufs Herz: Hätten Sie die Leistung für möglich gehalten?
Nein. Es war mein erstes Zweier-Weltcuprennen, auch als Anschieber war ich nie dabei gewesen. Deshalb ist es eine verrückte Geschichte. Ich spürte am Morgen, dass es gut kommen könnte. Zudem schöpfte ich Kraft aus der Vergangenheit: Auch Beat Hefti war in Winterberg sein erstes Rennen als Pilot gefahren, hatte es ebenfalls gewonnen.
Ihr Jubel fiel doch ziemlich kontrolliert aus...
...ich freue mich sehr, aber ich will mir darauf nicht zu viel einbilden. Ohnehin bin ich nicht der Typ, der schnell die Fassung verliert. Ein wenig durchdrehen kann ich dann Ende Saison (lacht).
Wie lässt sich der Erfolg erklären?
Am Start haben wir uns verbessert, zudem läuft der neue Schlitten hervorragend –mit dem alten Modell hatten wir Probleme bekundet. Weil wir im Europacup siegten, war ich sicher, bei den Besten konkurrenzfähig zu sein. Im Bob ist der Unterschied zwischen Europa- und Weltcup geringer als in anderen Sportarten.
Die Olympiaselektion ist Formsache. Was bedeutet Ihnen die Teilnahme?
Ich will nicht zu euphorisch werden, schliesslich habe ich das Ticket noch nicht erhalten. (überlegt) Ein Lebenstraum würde in Erfüllung gehen. Olympia ist mein Antrieb. So faszinierend der Sport ist– ohne dieses Ziel würde ich mir das Ganze nicht antun.
Wie meinen Sie das?
Es steckt extrem harte Arbeit dahinter, auch viel Verzicht. Würde ich normal arbeiten, wäre das deutlich lukrativer.
Nicht zuletzt wegen Ihres Efforts könnte Beat Hefti, Silbermedaillengewinner von 2014, die Spiele verpassen. Sie waren sein Anschieber – wie ist das Verhältnis?
Mit Rico Peter (dem Schweizer Nummer-1-Piloten, die Red.) und seinem Team verstehe ich mich sicher besser als mit Hefti. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.
Im November stürzten Sie mit dem Viererbob – inwieweit beschäftigt Sie der Unfall noch?
Psychisch überhaupt nicht mehr, physisch allerdings schon. Ich stiess gegen einen Befestigungsbolzen, durch drei Trainingshosen hindurch bohrte sich ein Splitter in mein rechtes Knie. Die Ärzte verzichteten aber, diesen zu entfernen.
Weshalb?
Weil ich einen Hirnschlag erlitt, muss ich Blutverdünner nehmen. Aber es ist halb so wild. Den Splitter spüre ich am Morgen nach dem Aufstehen, im Wettkampf dank des Adrenalins aber nicht.